Das Dorf - gestern und heute
von Rudi Stöckel
Einzingen ist ein kleines Dorf, 6 km nordwestlich von
Allstedt und 7 km südöstlich von Sangerhausen, 3 km
von der Autobahnabfahrt Allstedt an der A38 -
verkehrsgünstig gelegen.
Heute leben 186 Einwohner in
Einzingen. Vor 100 Jahren gab es noch
310 Einwohner. Die Einzinger Ortsflur
umfasst 500 Hektar, liegt 160-200
Meter über NN und ist wellig bis
hügelig. Vor der Gründung der Landwirtschaftlichen
Produktions-genossenschaft (LPG) im Jahr 1956 hatten
34 Bauernwirtschaften, auf zum Teil guten Lößböden
aber auch geringeren Verwitterungsböden bei einer
durchschnittlichen Bodenzahl von 65, eine Existenz.
Einzingen war ein reines Bauerndorf mit den
dazugehörigen Handwerkern wie Schmied, Stellmacher,
Bäcker, Fleischer, Kaufmann und Gastwirt. Einzingen
gehörte bis 1945 zu dem Land Thüringen und war der
nördlichst gelegenste Ort in der Exklave Allstedt. Nach
dem Krieg wurde es dem damaligen Sachsen-Anhalt
zugeordnet und zu DDR-Zeiten dann vom Bezirk Halle
verwaltet. Die Kirchengemeinde Einzingen sowie alle
anderen Kirchengemeinden des früheren Amtes Allstedt
sind bis heute der evangelischen Landeskirche
Thüringen unterstellt.
Erstmals wird Einzingen 899 im
Hersfelder Zehntverzeichnis
genannt. Es seien vorerst 3
kleinere Ansiedlungen gewesen,
Ober-, Mittel- und Untereinzingen.
Letzteres auch Wenigen-Einzingen
genannt. Im Tal, nordöstlich von
Oberröblingen gelegen, sei es im
14. Jahrhundert wüst geworden.
Im oberen Teil hat sich das heutige Einzingen
entwickelt. Die vorkommenden guten Wasserquellen
am Kirchberg, welche den jetzigen Dorfteich speisen
und die Quelle am Heiligen Born bildeten sicher den
Ausgangspunkt für die Ansiedlung. Diese beiden
Quellen fließen zusammen in den Einzinger Bach, der
im Tal unter der Autobahnbrücke der A38 bei
Oberröblingen in die Helme mündet. Diese Täler und
kleinen Bachläufe sind bei Hochwasser und Unwetter
reißende Wasserströme.
Einzingen, das 1975 mit Nienstedt
zusammengeschlossen wurde, ist jetzt Ortsteil von
Nienstedt und daher von der Verwaltungsgemeinschaft
Allstedt-Kaltenborn verwaltet. Durch die
Gebietsreform 2010 ist nun Einzingen ein Ortsteil der
Stadt Allstedt geworden. So sind nun alle Orte des
ehemaligen Amtes Allstedt Ortsteile.
Bis zur Reformation war das Kloster Kaltenborn „Herr
über Einzingen“.
1513 wurde die Einzinger
Kirche und so auch der Ort
den damaligen Herrschern
vom Amt Allstedt übertragen
und auch von dort verwaltet.
Zu den Besonderheiten des
Ortes gehört die schöne
Lage. Vom höchsten Punkt
der Einzinger Heide, dem
ehemaligen Grenzpunkt zwischen Thüringen und
Sachsen, hat man herrlichste Sicht: Richtung Süden bis
zum Kloster Donndorf, dem Höhenzug der Schrecke bis
Sachsenburg, den Blick in den Goldene Aue bis zum
Kyffhäusergebirge, nördlich einen schönen Blick zu den
Vorharzbergen, Richtung Osten zum Galgenberg, dem
Schloss Allstedt, den Rohnedörfern bis Berg Farnstedt.
Zu den umliegenden Orten führten immer mit
Obstbäumen bepflanzte Verbindungswege. Jetzt sind
diese Wege alle gut befahrbar sowie durch die
Flurneuordnung auch neu angelegt und mit
Ersatzbepflanzungen versehen. Ein Radweg entlang des
Einzinger Baches bis Oberröblingen ist im Entstehen.
Früher wurde in Einzingen viel Wert auf den Obstanbau
gelegt, um damit die Gemeindeeinnahmen zu
verbessern. Ein Teil dieser Obstberge sowie das kleine
Wäldchen und der Fischteich im Heiligen Born stehen
jetzt unter Naturschutz.
Fährt man aus Richtung Nienstedt kommend auf der in
den 30er Jahren neu mit Schlacken gepflasterten
schnurgeraden Dorfstraße in den Ort Einzingen ein, hat
man ein schönes Bild: Renovierte Häuser, links die neu
renovierte im Jahre 1857 erbaute Gemeindeschenke
„Zur Erdachse“, rechts der Dorfteich, welcher auf der
Kirchseite von 130 Jahren alten Kastanien umgeben
und den mit schönen Linden bepflanzten Dorfplatz
hinter dem Dorfteich dann am Berge das 1922 erbaute
Kriegerdenkmal. Darüber noch am Berge erhebt sich
die Ende des 13. – Anfang des 14. Jahrhunderts erbaute
Kirche, eine alte Wehrkirche. Im 30jährigen Krieg
wurde sie mehrmals ausgeplündert und beschädigt.
Seither wurde sie mehrmals umgebaut und renoviert.
Bis heute wird die Kirche von den Einzingern als
Schmuckstück erhalten und gepflegt.
Nicht zu vergessen der sagenumworbene Nagelstein
der Einzingen bekannt gemacht hat und die Legenden
und Erzählungen um „Die Erdachse“.
Auch stand in Einzingen bis etwa 1870 die größte und
älteste Linde von ganz Thüringen. Ihr Umfang von 17
Ellen (950 cm) lässt auf ein Alter von 450 – 500 Jahre
schließen, etwa so alt wie die Einzinger Kirche. Die
Linde musste wegen Sturmschäden gefällt werden.
Nach einem Festgottesdienst, welcher am 18. August
1863 unter der „Großen Linde“, anlässlich des 50.
Siegestages über Napoleon, abgehalten wurde, sind als
Ersatz 2 neue Linden, in unmittelbarer Nähe der alten
Linde gepflanzt wurden.
An der alten Linde stand der Bauernstein, der heute
etwas versetzt wieder aufgebaut ist.
Seit eh und je ist die Linde als Symbol im Einzinger
Gemeindestempel für Kirche und Gemeinde. Die eine
neu angepflanzte Linde hat sich prächtig entwickelt
und hat jetzt einen Umfang von 275 cm. Mit einer Bank
umgeben dient sie noch heute als
Kommunikationspunkt. Zuweilen warten dort die
Einwohner auf die mobilen Verkaufseinrichtungen wie
Bäcker, Fleischer, Gemüse- und Blumenhändler.
Einzingen hat nach der Wende 1989 ein modernes
Feuerwehrgebäude erhalten und die Gemeinde hat für
die Jugend die ehemalige Konsumverkaufsstelle als
Jugendclub zur Verfügung gestellt.
Die Gaststätte „Zur Erdachse“ ist wieder Eigentum der
Gemeinde geworden, sie ist Mittelpunkt des
kulturellen Lebens im Ort. Ein rühriger Heimatverein
organisiert gemeinsam mit der Feuerwehr
Faschingsveranstaltungen mit dem traditionellen
Erbsbärumzug, Burschentanz, Pfingstfeier auf dem
Kirschberg, Sportfeste, Teichfest und Konzerte. Seit
zwei Jahren nun auch einen Weihnachtsmarkt mit der
Kirchgemeinde zusammen.
Für die Senioren gibt es monatliche Treffen, von der
Diakonie organisiert. Zusammenkünfte und Ausflüge
mit dem Landesseniorenverein werden viel genutzt.
Saubere und gepflegte Felder, die heute von einem
modernen Agrarbetrieb, dem Agrarunternehmen
Einzingen/Riethnordhausen, bewirtschaftet werden,
umgeben unseren kleinen Ort mitten in der Welt.
Mögen auch künftige Zeiten die „Erdachse“ nicht
erschüttern!
© Rudi Stöckel, 2009
Ortseingangsschild
Einzingen - Mittelpunkt der Welt