Das Fest der Fahnenweihe
des Einzinger Gesangvereins am 6. Juli 1913
von Rudi Stöckel
Vor mehr als 100 Jahren gab es auch in Einzingen
einen sehr rührigen Gesangsverein. 25 Sänger aus
unserem kleinen Ort haben unter dem Vorsitzenden
Karl Friedrich und dem Dirigenten, dem Lehrer Otto
Pfutz in der damaligen Zeit für das kulturelle Leben
im Dorf gesorgt.
Die Kyffhäuser Zeitung schrieb dazu in ihrer Ausgabe
vom 7. Juli 1913 folgendes: "In diesem kleinen
Dörfchen leben friedliche fleißige Menschen, die
zumeist dem Ackerbau obliegen, regsamer Fleiß
bekundet sich auf den Feldern und auf den
stattlichen Bauernhöfen, nach getaner Arbeit
pflegen auch hier, wie überall die sangesfreudigen
Männer des Ortes an bestimmten Abenden
zusammen zu kommen, um in frohem Gesang
Erholung zu suchen. Einzingen kann sich rühmen,
einen so tüchtigen Dirigenten zu besitzen, unter
dessen Leitung, das haben wir gestern gesehen, der
Verein auch etwas zu leisten im Stande ist. Die
Seele vom ganzen aber ist der Vorsitzende Karl
Friedrich. Nicht überall dürfte der Vorsitzende vom
Gesangverein sich seiner Aufgabe so gewachsen
zeigen wie hier. Mißtrauisch begegnete man seinem
vor zwei Jahren gestellten Ansinnen eine
Vereinsfahne anzuschaffen. Sie kostet viel Geld und
das dürfen wir unseren Mitgliedern nicht zumuten,
dies zu beschaffen. Aber der wackere Vorsitzende
ließ sich nicht beirren. So ist es dann gelungen
nachdem auch Seine königliche Hoheit Herzog
Wilhelm Ernst der ein großer Sangesfreund ist, 100
Mark zur Anschaffung stiftete, die nötige Summe
zusammen zu bringen, sondern zu den 460 Mark
noch einen kleinen Überschuss zu erzielen. Heute
nun wurde diese Fahne eingeweiht. Zu einer ganz
besonderen festlichen Gelegenheit wurde dieses
Fest gestaltet. Von den vielen eingeladenen
Vereinen haben 20 Vereine der Einladung Folge
geleistet. Auf dem mittleren im Dorf gelegenen
Platz waren zwei große gedeckte Zelte errichtet,
eine Tribüne für die Sänger, dann ein großer
gedielter Tanz¬platz. Auch sonst waren überall
Sitzgelegenheiten geschaffen. Girlanden waren
überall gezogen, besonders aber auf dem Festplatz.
Grünes Laub schmückte Zelte, Häuser, Plätze und
Straßen, dazu reichlich Fahnenschmuck. Das Ganze
war ein hübsches Bild und zeigte von der
aufopfernden Mühe, wie sich die ganze
Bewohnerschaft in den Dienst der Sache gestellt
hatte, herrliches Festwetter sich einstellte, war ein
ganz besonderes Glück, um dem Fest einen schönen
Verlauf zu geben soweit aus der Kyffhäuserzeitung
zitiert. Dieses große Sängertreffen wurde bewusst
genutzt, mit den vielen anwesenden Sängern
Diskussionen über die Gründung eines Sängerbundes
Aue und Harz zu führen, der die Ortschaften des
Südharzes und der Goldenen Aue umfassen soll. Die
Sänger zeigten eine zustimmende Meinung dazu."
Wenn wir heute nach 100 Jahren Rückblick halten
auf das wohl größte Fest, das je in Einzingen
stattfand, wo 20 auswärtige Vereine mit fast 600
Sängern und 2000 Besuchern zu Gast in Einzingen
waren, so kann man das nicht hoch genug würdigen.
Wie unter den damaligen
Kommunikationsmöglichkeiten die Organisation
eines so großen Festes in dem kleinen Ort so
hervorragend gelungen ist. Der Vorsitzende Herr
Karl Friedrich und der Dirigent, Lehrer Otto Pfutz,
haben sich mit ihren Sängern verdient und
unvergessen gemacht, ihnen gebührt noch heute
Respekt und Anerkennung. Leider haben wir heute
keinen Gesangverein mehr. Bis in die Vorkriegszeit
hat er wohl bestanden. Lehrer Pfutz ist 1916 im I.
Weltkrieg gefallen und Herr Karl Friedrich ist im
hohen Alter von 94 Jahren am 18.04.1958
verstorben. Die Nachkommen der Familie Karl
Friedrich haben bis heute die Sängerfahne
aufbewahrt und gut behütet. In einer von Kurt
Eichentopf organisierten Ausstellung des
Heimatvereins nach der Wende war auch die Fahne
ausgestellt.
Im Sommer 2013 wurde in der Einzinger Kirche dem
100. Jahrestag der Fahnenweihe mit einem
Festgottesdienst gedacht. Zwei auswärtige Chöre
waren der Einladung nach Einzingen gefolgt und
schufen mit ihren Liedern einen passenden Rahmen
für dieses Ereignis.
in: Lindenblatt, 2013; Hrsg. Heimatverein Allstedt e.V.
© Rudi Stöckel
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