Die Frondienste der Einzinger
von Rudi Stöckel
Von Geschichtsschreibern, aus alten Akten und
Unterlagen können wir erfahren, wie unsere
Vorfahren, die sogenannten Pflugleute und
Hintersättler unseres Ortes, ihrem oberen Herrn,
dem Schloßherrn von Allstedt und zuvor dem Kloster
Kaltenborn hörig untertan waren.
Von der Fronarbeit konnten sich die Bauern auch
nach dem niedergeschlagenen Bauernkrieg nicht
lösen. So schreibt Rudolf Habs über die Geschichte
des Frondienstes im Südharz, daß in Einzingen im
Jahre 1533 11 Pflugleute und 13 Hintersättler in der
damaligen Statistik des Allstedter Schloßherrn
angegeben sind. Er schreibt weiter: Der
Amtsschlosser Rost (Schloßverwalter im Auftrag des
Großherzogs oder des jeweiligen Herrschers) meldet
am 24.6.1564 seinem Gebieter, die von Einzingen
und Niederröblingen weigerten sich "über
gesprochenes Urteil", das Getreide in das
Neuvorwerk und auf das Schloß sowie den Mist
daraus und die 100 Acker Gras aus dem Riete zu
fahren, obgleich das Mansfeld (damaliges
Herrschergeschlecht) dies als beständigen Frondienst
angegeben habe. Über den Ausgang der Streitigkeit
wissen wir nichts.
Geschrieben wurde auch, daß um 1573 der
Weinrebenanbau am Einzinger Berge, am
Schloßberge und am Galgenberge vom Allstedter
Schloßherrn angeordnet wurde. Diese Arbeit wurde
nicht als Frondienst, sondern im Tagelohn 15-20
Pfennig pro Tag betrieben.
Die ständigen Lasten für die Einwohner und
Landbesitzer wurden durch die Schrecken und Wirren
des dreißigjährigen Krieges noch erhöht. Was
Einzingen im Dreißigjährigen Krieg widerfahren ist,
darüber wurde viel geschrieben und durch
Aufzeichnungen in Kirchenbüchern belegt.
Es hat Jahrhunderte gedauert, bis sich das fast wüst
gewordene, von der Pest und kriegerischen
Zerstörungen heimgesuchte Dorf wieder erholt hatte.
Uns ist überliefert, daß die Frondienste noch über
200 Jahre lang ertragen werden mußten.
Erst im Jahre 1797 wurden die Spannfrone abgelöst;
dazu wird in der Kirchenchronik einiges vom Pfarrer
erwähnt.
Die Einzelheiten der Ablösung der Spannfrone enthält
der Originalvertrag der Großherzoglichen Kammer
Weimar, den die Amtsherrn von Allstedt und die
Gemeindevorstände von Einzingen und
Niederröblingen ausgehandelt haben. Dem war
vorausgegangen, daß beide Gemeindevorstände beim
damaligen Großherzog Carl August, Herzog von
Sachsen-Weimar-Eisenach, den Antrag auf Ablöse der
lästigen Frondienste gestellt hatten. Der Großherzog
hatte daraufhin seinen zuständigen Amtsherrn in
Allstedt beauftragt, mit den betroffenen Gemeinden
entsprechende Verträge auszuarbeiten.
Natürlich war die Ablöse der Fron nicht leicht zu
erlangen gewesen, und die Einwohner mußten einen
hohen Preis für die neue Freiheit zahlen:
Für die Spann- und Handfrondienste, die an das
Kurfürstliche Kammergutsvorwerk Allstedt und
teilweise für die damalige Stuterei (Gestüt) zu
leisten waren, wurde eine Ablösesumme von 13 333
Thaler und 8 Silbergroschen für beide Gemeinden
festgelegt, davon entfielen 2/3 auf Niederröblingen
(= 8 888 Thaler) und 1/3 auf Einzingen (4 445
Thaler).
Die großherzoglichen Beamten aus Weimar hatten
ihren Untergebenen in Allstedt aufgetragen, für die
Ablösesumme ein annehmbares Äquivalent in Form
von Ländereien in den Vertrag aufzunehmen. So kam
es dazu, daß für die Gespannfrone gemeindeeigenes
Land bereitgestellt werden mußte. Die
Niederröblinger hatten 47 Acker gemeindeeigene
Wiesen im Nachtfleck anzubieten. Die Einzinger
hatten 3 kleinere Flecken Wiese am Pfingstfleck und
am Überteich zur Verfügung gestellt. Die
Aufrechnung ergab, daß der ermittelte Wert der
Niederröblinger Flächen 890 Thaler über ihrem Anteil
lag. Die Aufrechnung der Einzinger Flächen ergab
einen Fehlbetrag von eben diesen 890 Thalern.
So wurde im Vertrag festgelegt, daß die Überzahlung
durch die Niederröblinger mit dem Einzinger
Fehlbetrag verrechnet wurde und als Schuld der
Einzinger an die Gemeinde Niederröblingen mit
entsprechenden Zinsen eingetragen wurde.
Für die Anspänner war die Ablöse der Gespannfrone
eine große Erleichterung für die Bewirtschaftung
ihrer eigenen Höfe und Felder.
Für die Gemeinden selbst stellte die Ablöse dagegen
eine große finanzielle Belastung dar. So fehlte der
Pachterlös von den abgegebenen Flächen zusätzlich
zu der abzutragenden Schuld.
Aus dem Vertragswerk ist zu entnehmen, daß die
Handfrone nicht abgelöst wurde. So sollten nun alle
nur noch die Handfrone leisten. So war festgelegt,
daß die Fronpflichtigen Anspänner und Hintersättler
4 Tage im Jahr Handfrone für Allstedt zu leisten
hätten, davon 1 Tag im Frühjahr, 2 Tage in der Ernte
und 1 Tag im Herbst. Bisher ist nicht bekannt, wie
lange diese Dienste zu erbringen waren, vermutlich
bis Mitte des 19. Jahrhunderts.
Aus der Zeit der Fronablöse stammen sicher auch die
Erbzinsabgaben an das Großherzogliche Justizamt
Allstedt, dessen Ursprung bis in die Feudalzeit geht.
Aus einer vorliegenden Erbzinsaufstellung der
Einzinger Einwohner aus dem Jahr 1838 geht hervor,
wieviel Geld und wieviel Naturalien jeder für seine
Flur- und Hofgrundstücke zu zahlen hatte.
Auch die Gemeinde hat ihre Kosten aus dieser Zeit in
verschiedener Form weitergegeben. Unterlagen
zeigen, daß bei örtlichen Straßenbaumaßnahmen und
anderen großen Vorhaben die Fronarbeit in Form von
Hand- und Gespanndiensten bis in die 30er Jahre von
den Einwohnern abverlangt wurde.
Wir kennen Ähnliches vielleicht noch aus jüngster
Zeit, als NAW (Nationales Aufbauwerk).
Die Geschichte zeigt, gezahlt werden mußte immer!
Gasse zur Alten Schule, um 1900; Gemälde von Wilhelm Hadelig
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